Seit mehr als 160 Jahre erscheinen die Werdener Nachrichten nun schon. Mittlerweile als eine der wenigen sublokalen Zeitungen überhaupt behauptet sich das Blatt weiterhin, und ist für die meisten Werdener eine Konstante in unserer schnelllebigen und immer digitaler werdenden Welt. Obwohl im allgemeinen die Print-Abozahlen vor allem bei den Tageszeitungen sinken, sind die Werdener Nachrichten noch relativ stabil.
Das es nach dem überraschenden Tod von Gereon Buchholz, der von 1986 bis Mai 2018 Alleinredakteur der Werdener Nachrichten war, überhaupt weiterging, verdanken die Leser Gordon Strahl.
Gordon Strahl, der 2015 Gereon Buchholz über den Journalistenverband kennenlernte, als dieser dringend eine Urlaubsvertretung suchte, und in der Zukunft für ihn als Urlaubs- und Krankheitsvertretung einsprang, kannte die Strukturen und wusste, was zu tun war. Er erfuhr Mittwochs Abends vom Tod des Kollegen und ihm war klar: am Donnerstag ist Produktionstag. Wenn die Zeitung erscheinen soll, muss schnell gehandelt werden.
Gereon Buchholz hatte eine halbfertige Zeitung hinterlassen, die sie dann wahrhaftig noch bis zum Erscheinen fertig bekommen haben.
Trotz seines schnellen Entschlusses, nach dem Tode des Chefredakteurs der Werdener Nachrichten einzuspringen, stand die schwierige Frage im Raum: Kann die Zeitung ohne Gereon Buchholz überhaupt weiter existieren?
Gordon Strahl erklärte sich bereit, es zu versuchen, da die Werdener Nachrichten in seinen Augen einzigartig und ein tolles Produkt sind. Ihm liegt die Art von sublokalem Journalismus, und so hat er, nach einer Probezeit, die Anfrage des Verlags ob er übernehmen will, sofort mit „Ja“ beantwortet.
Seit dem 15.09.18 ist Gordon Strahl nun offiziell Chefredakteur der Werdener Nachrichten und arbeitet mit freien Mitarbeitern wie Odile Baumann, die schon seit Jahren redaktionell für die Zeitung tätig ist. Zudem mit Daniel Henschke, welcher in und um Werden als freier Journalist tätig ist und noch einem Mitarbeiter, der nach Schließung der Borbecker Nachrichten nun das Werdener Team unterstützt. Als feste Kraft ist noch Jörg Weiner hauptsächlich für Fotos und Produktion zuständig.
Die Verteilung der Arbeit auf mehrere Schultern hat Vorteile gegenüber der Arbeitsweise von Gereon Buchholz. Zu seiner Zeit waren die Werdener Nachrichten eher ein ‚Ein-Mann-Projekt‘.
Insgesamt war es anfangs nicht einfach, dieses Erbe anzutreten, da die Werdener Nachrichten so viele Jahre von einer Person geprägt wurden.
„Man darf Bewährtes nicht über den Haufen werden, aber trotzdem Dinge hinterfragen und eventuell behutsam einige Themen moderner und frischer präsentieren,“ so Gordon Strahl nachdenklich.
Gordon Strahl interessierte sich bereits früh für’s Theater und wollte ursprünglich sein Studium nutzen um als Theatermacher oder Regisseur zu arbeiten. Nach einer Hospitanz am Schauspielhaus Bochum entschied er jedoch, dass die Arbeitszeiten nichts für ihn seien, erzählt er lachend.
Danach war er ein Jahr als Pressesprecher beim Zirkus Roncalli engagiert, was er als sehr interessante Erfahrung empfand. „Es war schon toll, mit dem Zirkus herumzureisen“.
Er arbeitete zudem schon während seines Studiums der Theaterwissenschaft an der Ruhr Uni Bochum als freier Journalist. Für die WAZ und NRZ Stadtteilzeitung im lokalen Bereich, sowie auch im PR Bereich.
Journalismus war und ist aber das, was ihn am meisten inspiriert. Daher liegt ihm seine jetzige Aufgabe ganz besonders am Herzen.
Obwohl der 43jährige in Mülheim an der Ruhr wohnt, verbindet ihn viel mit Werden.
Er mag besonders den, im positiven Sinne, dörflichen Charakter und empfindet Werden als eines der schönsten Fleckchen Essens, vielleicht sogar des gesamten Ruhrgebiets.
Gordon Strahl schaut aus dem Redaktionsfenster und lächelt: „Werden gleicht durch die Nähe zur Ruhr, die Fachwerkhäuser und den alten Ortskern einem Urlaubsort. Es ist ein Privileg, hier zu arbeiten. Vor allem ist es schön, dass es hier Menschen gibt, die die Tradition schätzen und pflegen. Einen Bürger und Heimatverein, einen Geschichtsverein und einen Werbering findet man nicht in jedem Ort.“
Das spiegeln aber auch die Werdener Nachrichten wieder. Es ist eine Heimatzeitung, wobei für viele das Wort Heimat verstaubt klingt.
Für Gordon Strahl jedoch ist es positiv, wenn man sich mit einem Ort verbunden fühlt, wo man seine Wurzeln hat. Dort fühlt man sich wohl, und interessiert sich auch für die Geschichte und die Geschichten. Die Aufgabe einer Heimatzeitung ist, das zu dokumentieren. Das die Werdener das schätzen zeigt auch, dass die Rubrik „Was in Werden geworden und geblieben ist“ die beliebteste ist. Es kommen oft Anregungen von Lesern und er freut sich immer, wenn er Fotos für diese Rubrik geschickt bekommt.
Die frisch renovierte Redaktion in der Grafenstraße trägt nun natürlich noch mehr dazu bei, dass Gordon Strahl sich bei seiner Arbeit wohl fühlt.
Die frühere Redaktion ist einem Besprechungszimmer gewichen und die ehemalige Geschäftsstelle ist nun Hauptarbeitsplatz der Redaktion.
In der neuen Geschäftsstelle am Klemensborn 32 befindet sich nun in Kooperation mit der Folkwangagentur die Anzeigenannahme. Zudem können dort auch Tickets und Zeitungen erworben werden.
Für Gordon Strahl ist es schön, dass er mit der Redaktion ‚mittendrin‘ ist. Er sieht die Menschen, die die in den Fenstern präsentierte neueste Ausgabe lesen, kommentieren, und kann auch Reaktionen erkennen. Gerade bei so einer Zeitung ist Lesernähe sehr wichtig. „Man wird als Institution hier im Städtchen wahrgenommen, daher finde ich es gut, dass der Verlag sich entschieden hat, die Werdener Nachrichten weiter zu betreiben. Da es nur eine Homepage gibt, auf der die Artikel jedoch nicht gratis eingestellt werden, sind die Werdener Nachrichten eine Zeitung, die man in Papierform genießen muß. Tradition halt“ schließt er augenzwinkernd.